Endlich wieder normale Leute

Potstock 2022

„Nee, Andi, die Packerei und der Scheiss mit den Klos und wieder pennen im Zelt… lass ma, da hab ick keenen Bock druff.“ Wir gucken uns entsetzt an, bis eben war Daniel unser Freund….

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„Hahahahah…. Quatsch….natürlich kommen wa mit. Sind ja schon seit letzter Woche am planen und packen!“ Och, puh, man sollte an seinen Freunden nicht zweifeln. Zweifeln müssen wir nur an der Technik, sowohl Daniels als auch unser Auto zicken rum. Wir schwenken kurzerhand auf einen Mietwagen um, Daniel schraubt so lange, bis sein Pickup wenigstens einigermaßen fit ist. Donnerstag gegen Mittag geht es endlich los…
Auf dem Konzertgelände an der Scheune stehen schon eine ganze Menge Camper, Brad ist in diesem Jahr auch schon seit Mittwoch da. Da Siggi nicht mehr im Team ist, kümmert er sich nun selbst um die Organisation. Seine Soundmaschine mit den 98000 Kabeln hat er bereits aufgebaut und probt zwischendurch immer ein wenig. Als Bradcaster wird er am Freitag wieder für das Abendprogramm sorgen. Es ist wieder sehr heiss. Wir lassen uns viel Zeit mit dem Aufbau, trotzdem bin ich abends todmüde und verende relativ zeitig auf dem Feldbett.
Ich träume: Nach zwei Jahren Potstock-Abstinenz wollen alle die besten Plätze haben. Während die Männer die Streitigkeiten mit wilden Grillspießkämpfen ausfechten, werfen wir Frauen das Grillgut schon mal auf die von der Sonne aufgeheizten Autos, so dass wir anschließend gleich alle gemeinsam essen können. Mit vollgefressenen Bäuchen und total besoffen vom warmen Bier fallen wir uns alle in die Arme und feiern 3 Tage durch.
So klärt man territoriale Streitigkeiten, denke ich und wache auf.
Leider ist es erst 3.00 Uhr. Unser Nachbar hat noch recht laut ganz gute Mucke an, aber ansonsten ist nix los. Ich nutze die Gelegenheit und gehe am Feldrand pinkeln. Die wenigen Dixies sind dieses Jahr schlecht verteilt, der Weg in der Nacht einfach zu weit. Außerdem kann der trockene Boden ja ein wenig Flüssigkeit vertragen. Trotz der Hitze am Tag hat es sich zur Nacht sehr abgekühlt. Ich ziehe mir einen Pullover und Socken über und kuschle mich wieder in den Schlafsack.
Ich träume: Unser Leihwagen ist so groß, dass wir ihn gegen eine kleine Spende an eine Familie vermietet haben, die extra aus den USA angereist sind. Sie sind allerdings schlecht gelaunt. Blühende Landschaften sind ihnen versprochen worden und nun sitzen sie in einem Transporter mitten in der furztrockenen Brandenburger Steppe. Irgendjemand verliert die Nerven, öffnet die Hähne am Wassertank und flutet das Gelände.
Ich werde wach, weil ich das Gefühl habe, mein Feldbett mit meinem Schweiß zu fluten. (Der Wassertank steht dafür jedenfalls diesmal zu weit weg, eben leider nicht mehr in der Mitte des Geländes.) Es ist 7.00 Uhr und schweineheiss im Zelt. Draußen sitzt Potbert, ein wenig zerknittert von einer schlaflosen Nacht, Dank unseres musikbegeisterten Nachbarn. Alle anderen schlafen noch. Selbst Doreen, die ihr Feldbett tatsächlich in unserem Auto aufgeschlagen hat. Dank schneeweißem Bettbezug sieht das aus wie ein Lazarettbett und ich grusele mich jedesmal ein bisschen, wenn ich am Auto bin.
Für zwei Sekunden kann ich meine amerikanische Traumfamilie verstehen. Es ist schon morgens viel zu warm, der Boden ist knochentrocken, das Gras piekst, der Staub sitzt schon nach der ersten Nacht in allen Poren, die Toilettensituation ist wieder mal schlecht, zu allem Überfluss drängt sich auch noch ein Heuschnupfen auf, die Nase läuft, die Stimme wird heiser. Aber wenn ich mich umgucke, dann sehe ich … ENDLICH WIEDER NORMALE LEUTE! Gott, was habe ich diesen ganzen Mist und all diese Menschen hier vermisst. Das hier ist ein anderer Kosmos. Ein Fuß hinter das Ortsschild von Hohenlobbese gesetzt und die Welt ist friedlich und geerdet. Hier reduziert sich alles auf das Wesentliche: essen, trinken, quatschen, gemeinsam etwas spielen und Musik.
Aber nach zwei Jahren Pandemie ist natürlich nicht mehr alles so, dass man nahtlos an 2019 anknüpfen kann. Der Platz füllt sich erschreckend langsam. Am Freitagmorgen ist noch so viel frei, dass wir schon Zweifel bekommen, ob genügend Leute zum Konzert kommen werden. Eine gar nicht so kleine Menge Leute werden nicht kommen, weil sie sich im letzten Moment doch noch mit Corona angesteckt haben. Inzwischen heißt das zwar meistens nur noch ein paar Tage mehr oder weniger schwere Erkältung aber man will ja nicht als Superspreader über den Platz stolzieren.
Die Kneipe „Zur Erholung“ ist diesmal geschlossen. Warum lässt sich nicht ergründen. Dafür haben sich der Heimatverein und die Freiwillige Feuerwehr ins Zeug gelegt und verkaufen Freitag und Samstag Essen und Trinken. Ist lecker, klappt hervorragend. Danke dafür!

Die Vorbereitungen waren diesmal auch eher kurz und knapp. Noch am Jahresanfang war alles unsicher. Wer will schon viel Energie und Geld einsetzen, wenn dann am Ende wieder alles abgesagt werden muss. Nun läuft endlich wieder alles an und dann ist das System überfordert. Es gibt zu wenig Leute für den Bühnenaufbau, die Technik, die Security etc., das Equipment, die Presswerke und die Druckereien sind überbucht. Die Terminverschiebung vom Potstock vom 2.7. auf den 25.06. hätte fast zu einem Unplugged-Konzert geführt. Aber zum Glück hat Pothead eine große, treue Crew um sich herum, die im Ernstfall jede Kohle aus dem Feuer holen können.
Der Freitag ist ebenfalls sehr heiß und schlunzt so vor sich hin. Wir machen einen kurzen Spaziergang durchs Dorf, aber es ist einfach zu heiß. Jeff, Robert und der Rest der Pothead-Crew ist inzwischen eingetrudelt. Wir begrüßen alle und halten ein kurzes Schwätzchen. Vor allem mit Steffen Heinrich, der morgen ein letztes Mal für Pothead den Ton machen wird. Wir sind jetzt schon traurig.
Das Feld füllt sich weiterhin nur langsam, es kommen uns wirklich Zweifel. Als Brad am Abend mit seiner Soundmaschine und Gitarre auf die Bühne kommt, dauert es eine Weile, bis der Platz vor der Bühne sich füllt. Viele Kinder tummeln sich rum und tanzen zur Musik vom Bradcaster. Der Nachwuchs aus dem Pothead-Kosmos darf bei Jürgen am Lichtpult sitzen und übernimmt am Ende die Arbeit komplett. Alle flachsen rum: Die Kinder haben Talent, Jürgen wird sich morgen anstrengen müssen :-)
Brad´s Performance lockt am Ende dann doch genug Leute an und wird euphorisch beklatscht.

Ich träume: Brad steht auf der Bühne, trinkt mangels Bier eine Tasse Hanf-Tee. An seiner schweißnassen Stirn klebt ein Fetzen Papier-Falthandtuch und wir machen ihm wilde Zeichen deswegen. Aber bevor er es selber bemerkt, knallt die Sicherung raus, alles ist dunkel und still. Die paar Leute vor der Bühne beleuchten schnell alles mit Knicklichtern. Die Papier-Falthandtücher haben sich über die ganze Bühne verteilt, weswegen man den von der Decke herabfallenden Balken nicht gehört hat, der das Drumset zerstört hat. Plötzlich kommt ein Schwarm Junikäfer, die ein melancholisches „He is a jolly god fellow“ brummen, sich um den Tonmann Steffen Heinrich scharen und mit ihm wegfliegen. Jemand holt eine Soundbox und wir machen zusammen mit Brad, Jeff und Robert Pothead-Karaoke. Wir formen aus unseren Wundertüten kleine Pappmaché-Bälle, die wir durch die übersichtliche Menge werfen. Unsere selbstgeklöppelten Pothead-Autoaufkleber bleiben an der einen oder anderen Stirn kleben.

Unser Nachbar ist inzwischen zum Technoman mutiert, der mit einer Maske im Gesicht die ganze Nacht wieder Potberts Camper beschallt hat. Aber die frischen Brötchen, die diesmal hier verkauft werden, bessern seine Laune wieder. Während wir uns bereit machen für den Wundertüten-Verkauf und das Fußballturnier füllt sich der Platz endlich. Bis zum frühen Nachmittag ist alles voll und auch die Straße ist wieder vollgeparkt.
Unsere Wundertüten verkaufen sich wie geschnitten Brot. Die darin enthaltenen Wasserbälle werden später beim Konzert durch die Menge geworfen.
Das Fussbalturnier läuft diesmal nur mit 6 Mannschaften, was bei der Hitze aber ganz gut ist. Blitzeblau, BFV Promille und Stowiebo werden schmerzlich vermisst, aber trotzdem haben alle wieder viel Spaß. Die kaputten Netzfetzer treten mit 5 Thomas Müller an (von denen einer sogar echt ist), die Potahontas können endlich den Bann brechen und werden Vorletzter statt wie sonst Letzter und die Stolperknaben füllen alle mit einem teuflisch pfeffrigen Schnaps ab. Es gewinnt der FC Wutzow vor Team Jauche. Den 6. Platz belegt Piggs Peak
Auf der Bühne werden später tatsächlich die Handtücher vermisst aber die Sicherung wird halten und auch genug Bier wird da sein. Die Jungs treten diesmal mit ihren schicken schwarzen Pothead-Hemden auf und eröffnen mit … ich weiss es nicht mehr, weil ich vom Konzert tatsächlich nur wenig mitbekomme. Es gibt was mit den Fotopässen zu klären, ständig suche ich irgendjemanden, treffe und begrüße jemand anderes, jemand braucht eine kleine Wiederbelebung (Selters zwischen 20 Bieren kann Wunder wirken). Hin und wieder kann ich mal ein paar Minuten zur Bühne gucken, bleibe aber ahnungslos an welcher Stelle wir uns befinden… Setlisten auszudrucken - daran hat diesmal keiner gedacht. Naja, wenn das alles ist, was am Ende vergessen worden ist... Geschadet hat es nichts, das Konzert war das i-Tüpfelchen auf ein super entspanntes und schönes Wochenende mit
ENDLICH WIEDER NORMALEN LEUTEN!

Steffen Heinrich wird noch offiziell während des Konzertes verabschiedet. Wir können uns nicht erinnern, dass Brad je so viel gesprochen hat auf der Bühne. Die Junikäfer tragen ihn nicht fort, aber Steffen wird kurz nach dem Konzert abgeholt und entschwindet ohne viel Brimborium in der Brandenburger Nacht. Wir werden ihn vermissen. Aber:
Da hilft kein Schätzen, Raten, Dichten,
man muss sich nach den Fakten richten.

Zum Abschluss noch ein Rat für Dich, mein Freund:

Trinke nie beim Baden Wein,
sonst brichst Du Dir das Wadenbein.

Wir sehen uns!

Weitere Fotos auf: Flickr

Potstock 2019

Schwupps ... Schon wieder vorbei :´-(

Mächtig schön ist's gewesen bei perfektem Wetter. Den Bericht und Bilder gibts wieder bei Flickr.

Es grüßt herzlich
Mrs Pophead

Potstock 2018

Der Potstockbericht ist fertig und genau wie die Fotos bei Flickr zu finden:

Es grüßt herzlich
Mrs Pophead

Potstock 2017

Shortstorys, vom Winde verweht!

Der Potstock-Auskenner kommt, wenn möglich, bereits am Donnerstag. Das hat den Vorteil, dass man noch einen der begehrten Außenplätze ergattern kann und genug Platz für die ganze »Familie« freihalten kann. Der Nachteil ist, dass das Klo-Haus erst irgendwann im Laufe des Nachmittags aufgestellt und angeschlossen wird. Die Dixis sind zwar schon geliefert aber noch nicht verteilt. Hierfür wurde dieses Jahr eine gute Lösung gefunden:

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Man nehme einen Schleppgurt und einen Pick-up und schon geht sie los, die wilde Fahrt im ... äh ... mit dem Dixi übers Feld.

* Zwar kommt man zum Feiern zum Potstock und nimmt dabei in Kauf eventuell zu später Stunde keine gute Figur mehr zu machen, aber ein bisschen Stil muss sein. Wer etwas auf sich hält und Mittel und Begabung dafür hat, kommt mit dem »richtigen« Auto. Ein »H«-Kennzeichen sollte das gute Stück schon besitzen. Weit vorne im Ansehen liegt natürlich der VW Bulli. Aber auch andere Modelle werden bewundert. Ein Pick-up hat zudem aber noch sehr praktische Vorteile: Er eignet sich nicht nur als Dixi-Abschleppwagen, sondern auch als Begegnungsstätte, Bar und Abwaschtisch. Die geschlossene Ladefläche bietet sich zudem auch für eine Poolparty an.

* Kein Wetter ist schlecht, man muss es nur zu nutzen wissen. Ganz weit vorne lagen in diesem Jahr die Leute, die einen Drachen mithatten. Sieht doch so ein kleiner Drachen sehr viel eleganter aus, als die billigen Pavillons, die noch so durch die Gegend flogen. Für die Reparatur solch ungewollter Flugobjekte empfiehlt es sich immer eine Rolle Gaffa Tape dabeizuhaben. Für das nächste Jahr sollte man dann aber vielleicht etwas mehr Geld anlegen beim Kauf eines neuen Unterstandes.

* Ob Bio, Vegan, Vegetarisch, oder Mikrobiotisch, beim Potstock kommt am Ende alles auf den Grill. In diesem Jahr tatsächlich gerne auf den Grill eines sehr bekannten Herstellers. Hier mutierte das Potstock zu einer Art Modell-Messe, da praktisch die komplette Produktpalette dieses Herstellers auf dem Platz zu finden war. Aber auch Kaffee kochen kann zu einem großen Thema werden. Dieses Jahr hat die schlecht gelaunte Kaffeemaschine aus dem Pothead-Büro an dem Betriebsausflug teilhaben dürfen. Wir mussten auch schon mal die Espressomaschine unseres Nachbarn mit Strom versorgen. Selber bevorzugen wir allerdings die Old-School-Variante: exklusiv handgefiltert und mit viel Geduld aufgegossen. Exquisit!

* Bisher waren wir der Überzeugung, dass das Potstock ausschließlich von netten, gut sozialisierten Menschen besucht wird. Aber wie das so ist, wenn Mensch zu Mensch zu Mensch kommt, irgendwann sind es so viele, dass der statistische Blödmann dann eben doch mit dabei ist. Wir mussten uns daher von einem Klappspaten verabschieden, den sich wohl jemand ungefragt ausgeborgt und dann nicht wieder zurückgebracht hat. Noch schlimmer hat es allerdings die Sauerland-Family getroffen. Hier hat jemand die Gitarre vom Junior zertreten. Das ist eine wirkliche beschissene Nummer. Hallo? Wie blau oder wie blöd muss man sein um eine Gitarre zu zertreten? Bleib bitte im nächsten Jahr einfach zu Hause, du Arschloch.

* Von solch unangenehmen Leuten einmal abgesehen, freuen wir uns über jeden, der uns am Zelt besuchen kommt oder uns bei sich zum Bierchen einlädt. So wurden in diesem Jahr bereits drei Stunden nach unserer Ankunft unsere Besucherstühle in Beschlag genommen. Die Kollegen aus dem Raum Oldenburg befanden sich auf Grund geistiger Getränke bereits in einer gedanklichen Zeitschleife, die uns alle 5 Minuten dasselbe Gespräch führen lies. Innerhalb einer halben Stunde hatten wir daher gute 6 Mal mitgeteilt wo wir herkommen und wie oft wir bereits beim Potstock waren. Aber egal, Jungs, im nächsten Jahr sollten wir diese Unterhaltung weiterführen...vielleicht mit einem neuen Gesprächsschwerpunkt.

* Zeitschleife ist ein guter Stichpunkt! Die Zeit spielt in Hohenlobbese eine ganz eigene Rolle, aber davon im nächsten Bericht mehr ...

Mrs Pophead verweht in der Zeit                 

Einstein hat die Theorie aufgestellt, dass die Zeit relativ ist. Wer mit der Berliner S-Bahn fährt weiß, dass das stimmt. Die Ankunft des Zuges wird in 2 Minuten angekündigt - der Ablauf dieser 2 Minuten kann schon mal 5 Minuten dauern. In Hohenlobbese ist das einfacher, in Hohenlobbese gibt es genaugenommen keine Zeit. Dafür gibt es Wetter, dieses Jahr in Form von Wind, sehr viel Wind.

Nachdem wir am Donnerstag gegen 15.00 Uhr bei 28 Grad das Zelt aufgebaut haben, hat es gleich nach Einbruch der Dunkelheit die ganze Nacht gestürmt und aus Eimern geschüttet. Wir wachen trotzdem frisch und munter bei strahlendem Sonnenschein auf und machen uns ans Herrichten des Frühstückstisches. Eddes ist auch schon wach und wir trinken unseren ersten Kaffee. Nach einiger Zeit wundere ich mich darüber, dass sonst noch keiner wach ist, ist doch schließlich sicher schon 9.00 Uhr. ... Es ist tatsächlich grade 7.15 Uhr. Eine Zeit zu der ich normalerweise nur mechanisch funktioniere. Ich bin irritiert. Egal, das Wetter ist schön, das Leben auch.

Zwei Stunden später sind alle wach, der Himmel grau und ein Sturm zieht auf. Gegen Mittag schüttete es wieder aus Kübeln bei gleichzeitigem Seitensturm. Zum 2. Mal sind wir alle nass. Während eines kurzen Sonnendurchbruchs machen wir eine erste Runde Wundertüten-Verkauf. Am Nachmittag haben Lotte, unser kleiner Hund, und ich die Faxen echt dicke. Dieser andauernde Wind bläst einem das Gehirn durcheinander. Lotte ist schon ganz wuschig von den ständig wackelnden Zelten und Pavillons. Ich beschließe mich ein Stündchen mit ihr im Zelt hinzulegen. Als ich wach werde ist es draußen dunkel, dabei könnte ich schwören, dass ich nur ein kurzes Nickerchen gemacht habe.

Böse Zungen behaupten ich hätte geschnarcht. Ich weise diesen Vorwurf zurück: Ich schnarche nur, wenn der Mister neben mir schläft und da ist es Notwehr. Wenn ich alleine schlafe, schnarche ich nicht. Das kann nur Lotte gewesen sein. Wie auch immer, ich habe eine ganze Menge Besucher verpasst. Siggi war da, Jürgen, der seiner Tochter die Lotte zeigen wollte und noch einige andere Leute, die ich gerne begrüßt hätte. Aber immerhin fragen mich am nächsten Tag gleich mehrere Leute, ob ich gut geschlafen hätte. Nur dieser süffisante Unterton ist mir schleierhaft ...

Mrs Pophead läßt sich alles noch mal durch den Kopf gehen ...

Ich habe Lotte einen schwarzen Seidenumhang genäht und eine Schnur drangebunden. Jetzt schwebt sie mit ausgestreckten Gliedmaßen 10 m über uns. Der Wind wird stärker und es fällt mir schwer, die Schnur weiter festzuhalten. Der Wind bläst mir dabei ins Gesicht und ich bekomme keine Luft mehr. Das wird mir zu anstrengend – ich mache die Augen auf.

Im Zelt ist es warm und die Wände wackeln im Wind. Auf meinem Brustkorb steht die Lotte, schnaubt mir ins Gesicht und starrt mich mit einem Auge an. Das andere ist mit getrocknetem Schleim verklebt. Na toll. Ich zischel dem Mister ins Ohr, dass der Hund ein entzündetes Auge hat und pullern muss. …Er brummt… Ich weise darauf hin, dass wir noch eine Nacht hier schlafen wollen und es wirklich blöd wäre, wenn die Lotte jetzt einen See auf seinen Schlafsack pullern würde. Er steht auf...und ich…bleib liegen. (Hier trifft die Realität auf eine moderne Volksweise von Bela B.)

Der Tag fängt grau und windig an. Lotte zittert vor sich hin und als der Dritte mich darauf anspricht ziehe ich ihr einen Mantel an. Albern aber hilfreich. Während unserer Wundertüten-Verkauf-Runde klärt es auf. Gegen Mittag scheint die Sonne und es wird endlich richtig warm. Damit kann das Fußballturnier endlich mal wieder bei gutem Wetter stattfinden. 11 Teams wollen diesmal mitmachen. Mit so einem Ansturm hat Rico nicht gerechnet und so muss kurzerhand der Spielplan und die ganze Organisation mal eben schnell umgestellt werden. Für Rico kein Problem. Die ersten beiden Runden sind dann Ko-Runden. Leider fliegen dadurch einige meiner Namenslieblinge gleich raus. Potahontas hört man aber trotzdem feiern: ein kräftig gesungenes »Es ... tut ... mir ... leid Potahontas« schallt über den Zeltplatz. Danke für diese Perfomance. Auch von Germarihuana müssen wir uns schnell verabschieden. Stilecht haben die Jungs selbstverständlich auf Trikot-Schnickschnack verzichtet und spielen in voller Kuttenmontur. Blitzeblau versucht durch ein großes Transparent die Gegner einzuschüchtern aber auch diese Taktik geht nicht auf. Die ersten Plätze machen am Ende Stowibo, Bunter Anorak und der BFV Promille unter sich aus. In diesem Falle können die tollen Trikots mit den Promillezahlen als Rückennummern die Gegner verwirren und so geht der erste Platz an die Jungs mit dem Sternburg-Kronkorken auf der Brust. Nach dem Turnier ruft der Grill. Endlich essen, ohne dass einem der Pappteller um die Ohren fliegt oder ein plötzlicher Regenguß dass Grillgut verwässert! Ich gönne mir aus einem Blechteller eine Bratwurst. Komischer Weise lehnt Lotte den von mir angebotenen Probierhappen mit gerümpfter Nase ab. Als ich die Wurst aufgegessen habe, stellen wir fest, dass diese wohl aus dem Resteteller von gestern stammte. An dem Fleisch weiter unten hängt jedenfalls schon eine Made. Manchmal macht es Sinn auch mal auf seinen Hund zu hören. Nun, es bleibt keine Zeit mehr sich zu ekeln, es dämmert – also auf zur Scheune.

Auf der im Potstock-Style dekorierten Bühne eröffnet das Latzhosen-Trio mit einem grandios stampfenden Threshing Bee. Mit so einem Opener ist dann auch gleich jeder bei Sache. Die Stimmung ist von Anfang bis Ende super. Es gibt zwei lange nicht mehr gespielte Songs (Cyborg und Relax Man) und vor Detroit ein unbekanntes Stück. Auf Nachfrage von praktisch Allen sagt Jeff das wäre ein Jam gewesen. Für uns hörte es sich nach einem neuen Song an. :-) Ich renne viel hin und her, weil ich Videos aus unterschiedlichen Positionen mache. Unsere GoPro hängt wieder unter dem Dach und nimmt das ganze Konzert auf. Da brauchen wir ein paar andere Bilder zum Dazwischenschneiden. Durch die Rumrennerei komme ich kaum zum Trinken. Einmal werde ich auf ein Bier eingeladen, hier und da kann ich mal schnell mittrinken. Alles in allem ist das aber eher ein trockener Abend für mich. Darum bunker ich mir später an unserem Lagerfeuer je eine Flasche Cola und Captain Morgan und trinke gierig zwei Becher hintereinander. Als ich den Dritten ansetzen will, wird mir schlecht. Jeff kommt zu uns, setzt sich und erzählt ... irgendwas. Ich kann nicht folgen, mir ist schlecht. Mein Magen randaliert regelrecht. Statt einer Antwort zu irgendeinem Thema sprudelt dann auch so allerlei anderes aus mir raus. Eine gute Seele reicht mir eine Zewa-Rolle. Etwa eine halbe Stunde lang drücke ich mir das Zewa vors Gesicht und spucke immer mal wieder was rein. Dann ist mir das zu blöd und ich gehe ins Bett – mit Zewa-Rolle.

Morgens wache ich mit der Rolle in der Hand wieder auf. Zwar habe ich nicht mehr kotzen müssen aber der Magen fühlt sich immer noch scheiße an. Überhaupt fühlt sich alles scheiße an. Ich komme nicht aus dem Knick. Offensichtlich sehe ich auch so aus, denn mir wird ständig Hilfe angeboten. Der gereichte Tee ist super, der Liegestuhl auch sehr hilfreich. Mittags kommen Siggi und Jeff vorbei. Jeff begrüßt mich mit »Na,Sonnenschein...!?!« Pffff ... ich versuche ein Grinsen, sehe dabei aber wahrscheinlich eher aus, als hätte ich eine Nervenkrankheit. Dass ich die blöde Wurst gegessen habe, fällt mir erst wieder zu Hause ein und so muss ich mir gefallen lassen, dass alle die alte Säuferin auslachen. Trotz Übelkeit geht kein Weg daran vorbei: bei 28°C und strahlendem Sonnenschein müssen wir alles wieder einpacken. Das war definitiv nicht mein Potstock – aber Spaß hat es trotzdem wieder gemacht. Nächstes Jahr bleibt Lotte zu Hause und ich werfe das übrig gebliebene Fleisch gleich weg. Und wir bringen einen Drachen mit.

Fotos: flickr.com

PS: Weitere schöne Fotos könnt Ihr auf den Seiten von Kati Berg und Zerosusi anschauen. Wenn Ihr ganz runterscrollt findet Ihr am Ende unserer Seite die jeweiligen Links. Und dann gibt es noch einen schönen Bericht über das diesjährige Potstock hier: metal-heads.de/potstock-2017