Zerplatzte Träume und Twinkle Twinkle

Pothead in Potsdam

Der Sommer war heiß und lang, jetzt schleicht sich aber unwiederbringlich der Herbst an. Die Sonnenblume auf dem Balkon stört das nicht, sie steht kerzengrade und strahlt in einem schönen Sonnengelb, nur die untersten Blätter verlieren langsam die Farbe. Die Woche war anstrengend und am Freitag bekomme ich Ohrenschmerzen. In Erwartung einer Erkältung, klinke ich mich vorsorglich schon mal aus der Tagesplanung von Samstag aus, die um 13.15 Uhr im Pothead-Büro beginnen soll.

Um 12.00 Uhr beginnt mein Mister mir auf die Nerven zu gehen, weil er ja gleich gehen muß (also in einer Dreiviertelstunde) und ob ich denn schon dieses und jenes eingepackt hätte und wann ich denn kommen will und die scheiß Akkus laden ja immer noch und morgen ist ja dann das und das und ob ich denn schon. ... Ich schmeiße ihn raus und gucke Shopping Queen. Ich genieße die Ruhe, das 'Nix-müssen' und träume von pinkfarbenen Sonnenblumenfeldern. Um kurz vor 17.00 Uhr wache ich auf - grade rechtzeitig um mich fertig zu machen ~ um 18.00 Uhr kommt mein »Abholdienst«. Frischen Mutes schwinge ich mich aus dem Bett und stehe in einer Pfütze. Offensichtlich habe ich Lottes »Ich muss pullern!«-Weckruf verschlafen. Muss schon eine Weile her sein, denn die Pfütze hatte Zeit unter das Bett zu laufen ...

Sonntagmorgen 6.35 Uhr: Grade sind wir endlich nach Hause gekommen. Ich stehe vorm Bett mit den Füßen auf ein paar Zewa-Blättern, die Lottes Pisse unter dem Bett raussaugen sollen. Ja, denke ich, genau so war auch dieser Abend: Es gibt Konzerte, die sind einfach nur ein Abend mit Musik und Bier und dann gibt es Konzerte, die saugen die Pisse aus dem Alltag und für ein paar Stunden ist alles gut.

Da gibt es Streit zwischen Menschen, die eigentlich Freunde sein sollten und es trotzdem nicht schaffen miteinander über die aufgehäuften Probleme zu reden. Nach so einem Abend möchte man Ihnen zurufen: Erinnert euch daran, warum ihr bereits so viele Jahre miteinander verbringt, nehmt ein Stück Zewa, saugt die schlechten Gedanken auf und begegnet euch wieder in Vertrauen und Freundschaft!

Und dann gibt es den Menschen, der an der Pisse des Lebens gescheitert ist und auf den wir heute Abend nur noch ein Bier trinken konnten. Viele Pothead-Konzerte haben seine Freunde mit ihm zusammen abgefeiert. Ihm waren diese Abende so viel wert, dass er die schlechten Seiten in seinem Leben nicht in diese Abende mitbringen wollte.

Zwischen diesen traurigen Geschichten sorgt die Luckywood-Family für einen gesunden Zuckerschock: eine Grosspackung bunter Donuts landet auf unserem Tisch, was ein fröhliches Teilen und Schmatzen zur Folge hat. Danke schön, ihr Leckermäuler! Später poppen plötzlich eine große Zahl gefüllter Sektgläser auf und ich stehe bei »Black War« mit einem wohlschmeckenden Sektchen in Hand und Mund in der Halle. Hierfür nochmal herzlichen Dank an das Geburtstagskind! Und dann kommt auch noch der Rosenkavalier, der als moderner Mann natürlich nicht mehr mit einer Rose kommt, sondern mir einen wunderschönen Leuchtblasen-Luftballon schenkt. Ein paar Stunden lang twinkel ich damit durch den Abend. Aber wie alles im Leben ist auch diese Leuchtblase vergänglich und so wird sie zu sehr früher Stunde leider von einem Brausekopf mit einem Tritt ihrer Leuchtkraft beraubt.

Diesen und noch ein paar andere Brauseköpfe muss mein Mister sehr spät am Abend oder auch sehr früh am Morgen – wie man es nimmt – wieder nach Hause fahren. Der Bus ist voll besetzt. Ein Brausekopf ist bereits im ausgekühlten Tiefschlaf, als wir zum Bus kommen. Dem anderen Brausekopf ist nach dreihundert Metern Fahrt der Kopf nach vorne gefallen, der nächste wird es ihm nach paar Kilometern gleichtun. Es gibt eine kurze Pinkelpause, damit der eine oder andere sich die nur dürftig verdauten Nahrungsmittel des Abends noch mal durch den Kopf gehen lassen kann.

Während die vorgenannten drei Brauseköpfe wieder in den Tiefschlaf fallen, befindet sich ein Teil der anderen Brausebirnen in einer Zeitschleife, denn eine einzelne Birne blubbert und schäumt heftig: »Ralf, gib mir doch mal ein Bierl Wo ist mein Cuba Libre? Hat jemand meine Jacke? Wo sind wir? Ich brauche meine Tasche, Baby.« Wer Ralf ist, werden wir nicht erfahren, aber diese sehr wichtigen Fragen, werden während der Fahrt etwa 50 Mal in verschiedenen Intensitäten wiederholt werden, teilweise verbunden mit gymnastischen Übungen mit und ohne Gurt. Mein Mister hat Spaß, tut aber so, als müsste er sich aufs Fahren konzentrieren. Ich denke »Rock'n'Roll!«, während meine Schuhe in der Hitze des unter meinem Sitz befindlichen Heissgebläses schmelzen.

Sonntag, 12.00 Uhr: Ich hole Lotte und eine Tüte frischer Brötchen bei unserem Nachbarn ab, in unserer Wohnung riecht es nach frischem Kaffee. Die Sonnenblume lässt Kopf und Blätter hängen.

Während mein Mister müde seine Sachen für die gleich anstehende Bandprobe zusammenpackt, hält er inne, guckt mich an und sagt: »War ein schöner Abend, hat Spaß gemacht.« Recht hat er. War viel Leben für einen Abend aber es waren die richtigen Menschen, mit denen wir diesen Abend verbracht haben.

Alles wird gut, lasst los von den schlechten Gedanken und habt Vertrauen.

Twinkle, Twinkle!
Mrs Pophead

P.S.: Geklärt werden muß noch die Frage:
Braucht ein Schlagzeuger an seinem Fahrrad eine Trommelbremse?

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