Pothead in Rostock 2018

Wenn man zur Ostsee will muss man durch Brandenburg. Wir kennen natürlich den Ratschlag von Rainald Grebe und haben was zu essen mit. Tatsächlich ist die Autobahn fast schon erschreckend leer. Allerdings herrscht massiver Flugverkehr. Gefühlte Millionen Kraniche sind unterwegs. Wenigstens vier verschiedene Arten von Raubvögeln thronen am Wegesrand und warten darauf, dass wir irgendein Kleingetier totfahren.

Zwei Füchse machen ihnen Konkurrenz. Mehrere Gruppen von Rotwild - von uns ahnungslos als Rehe bezeichnet – schlendern über ein weites grünes Nichts mit einem krüppeligen, kahlen Baum in der Mitte, über diese Szene wölbt sich ein hellgrauer ereignisloser Himmel. Ich nicke ein. Als ich wieder aufwache, sind wir längst in Meckpomm aber das Bild hat sich nicht verändert, außer dass es noch mehr Vögel und noch weniger Zivilisation in Sichtweite gibt. Wer also bisher noch nie an der Ostseeküste war, dem möchten wir raten: Höre Dir Rainald Grebes »Brandenburg« an und nimm für den Weg dorthin Essen und einen extra gutgefüllten Benzinkanister mit.

Vor dem Mau Club stehen Toiletten-Container. Die richtigen Toilettenräume werden grade saniert. Einmal sind bereits die Rohre der Container-Toiletten bei den frostigen Außentemperaturen von -18° C geplatzt. Diese Container sind der zweite Versuch. Die WCs im Backstage betrifft das zum Glück nicht. Wir kommen uns gleich ein bisschen VIP-mäßig vor, zumal die Wände des Backstage-Klos in Gold »designt« sind.

Im Mau Club bietet sich das übliche chaotische Bild von aufgetürmten Sofas und herumliegenden Absperrgittern. Es hat grade leckeres Essen aus einem Lokal in der Nähe gegeben und alle sind recht entspannt bei der Arbeit. Jürgen ist heute nicht dabei, um das Licht kümmert sich jemand aus dem Mau Club. Auch nicht da sind Roberts Becken. Die können sich heute eine Auszeit in Berlin im Studio nehmen. Kann ja mal passieren. Dann eben heute ohne Becken.... Nein, natürlich nicht. Wozu kennt man denn schließlich viele Leute. Für den Soundcheck müssen die Becken vom Mau Club ran, später wird der Stralsunder Eisengiesserei-Steffen seine Becken mitbringen - selbe Marke, selbstverständlich gut gepflegt, alles wird gut.

Brads Gitarre scheint allerdings mit der Situation unzufrieden zu sein, jedenfalls fängt sie plötzlich fürchterlich zu jaulen an. Aber auch dieses Problem ist schneller behoben, als wir ahnungslosen Zuschauer ihm auf den Grund gehen können. In der Zwischenzeit haben Siggi und Jenny ihren Stand aufgebaut und Siggi hat uns von der vielen Arbeit erzählt, die zur Zeit zu Hause im Büro auf sie wartet. Das ist die Kehrseite, wenn man in der Musikbranche völlig unabhängig arbeitet – man muss eben wirklich ALLES alleine machen. Mein Mister und ich sind schon erschöpft vom Zuhören und machen es uns jetzt erstmal mit einem Bierchen auf dem einen Sofa bequem, um in Ruhe dem Soundcheck lauschen zu können. Vom wummernden Bass und dem Schlagzeug aufgeschreckt rieselt leise das Konfetti der letzten Konzerte von der Decke. Ein letztes Indiz dafür, dass der Sound ok ist J

Nach dem Soundcheck nutzen wir schnell die Zeit bevor alle ins Hotel verschwinden und ringen Brad, Jeff und Robert die Autogramme für unsere Gewinner-Poster ab. Ein bisschen Zeit bleibt uns noch ein Brötchen und ein paar Oliven vom Buffet zu naschen, dann ist es auch schon 20.00 Uhr und der Einlass beginnt.

Wir treffen eine Menge Leute und es gibt sehr viel zu quatschen. Die gute Stunde bis Konzertbeginn reicht da eigentlich gar nicht. Und so werden unsere Gespräche auch prompt von lauter Rockmusik unterbochen ...

Bei allen anderen sorgt das für große Begeisterung. Ab der dritten Reihe wird ordentlich gepokt. Gegen 22.20 Uhr ist ein Trommelfell durch – also ein Fell von einer Trommel, nicht das im Ohr. Kaum an die Seite geräumt, findet sich auch schon jemand, der es Robert abschwatzt. Ich bin ein bisschen neidisch und ärgere mich, weil ich mich nicht selbst darum gekümmert habe. Der erste Song der Zugabe ist mal wieder ein Jam, den keiner kennt – auch Jeff und Robert nicht, klingt aber eigentlich nach einem »richtigen« Song.   

Der Backstage-Bereich ist sehr schnell voll. Brad wird umlagert und es werden eine Menge Selfies gemacht. Jeff und Robert sind auch mal in der Halle unterwegs. Als wir unseren Schokokuchen und den Schokolikör auspacken sind beide aber sehr schnell zur Stelle. Wieder werden eine Menge Selfies gemacht, wir flüchten nach draußen und setzen uns an den Bühnenrand. Mit den beiden Steffens, Siggi, Kai, Jenny und noch ein paar Leuten trinken wir den Schokolikör aus und begeben uns langsam auf das Backstage-Niveau. Von Lammstein und Raibach ist die Rede und von Bradstage Strunzen. Wie es zu dieser Wortschöpfung gekommen ist und was es heißen sollte…keine Ahnung. Aber es ist ein toller Zungenbrecher: Einige Gläser feinsten Alkohols nach Wahl und dann 3 x schnell hintereinander gesagt – Versagen garantiert!  

Am nächsten Morgen treffen wir uns alle zum Frühstück wieder – außer Kai, er mußte bereits um 6.00 Uhr los. Blöd, dass es erst eine halbe Stunde später Frühstück gibt. Ein Einzelschicksal, dass uns mitleidig unseren heißen Kaffee schlürfen läßt.  Um das Buffet schleichen mehr oder weniger desolat aussehende Gestalten. Das halbe Hotel war mit Pothead-Fans besetzt, nächstes Mal sollten wir Mengenrabatt  vereinbaren.

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