Pothead in der Markthalle Hamburg 17.09.2022
Hamburg feiert Hafenfest, weswegen so gut wie alle Hotels ausgebucht oder total überteuert sind. Gefühlt am Stadtrand ist noch was frei und bezahlbar. Wir sind uns natürlich schon deswegen im Klaren, dass wir Abstriche werden machen müssen. Mein Mister und ich haben als Einzige ein Doppelzimmer und müssen in den obersten Stock. Wir betreten eine Art Monteur-Wohnung.
Zwei Zimmer sind verschlossen, genau wie die Küche. Unser Zimmer ist riesig und wir werden uns wohl entfremden, weil unsere Betten meterweit auseinanderstehen. Die Möbel haben einige Jahrzehnte auf dem Buckel aber ... es ist alles blitzeblank sauber. Das Badezimmer lässt uns vermuten, dass hier mal mehr oder ganz Anderes geplant war: eine mit Teppich ummantelte Badewanne mit Whirlpool, die wir aber leider nicht benutzen dürfen, ein Bidet, ein Doppelwaschbecken und eine Dusche mit Wellnessdüsen, die aber auch schon etwas lädiert zu sein scheinen. Egal, ist eh keine Zeit für übertriebene Körperhygiene und wir wollen ja auch Wasser sparen. Aber auch hier ist alles super sauber. Wichtigste Anforderung erfüllt, da wollen wir nicht meckern. Die zweit wichtigste wird allerdings zum Problem: Frühstück wird hier nicht serviert.
20 Minuten müssen wir noch durch Hamburg fahren, bis wir an der Markthalle sind, Alleingänge wird es heute wohl nicht geben.
Wir freuen uns sehr wieder in der Markthalle zu sein. Mein Mister verschwindet gleich in seiner Ecke für den Merchstand, ich geh erst mal Backstage.
Mein Blick fällt auf die Kaffeemaschine: Einladend steht sie da, mit geöffnetem Filter, die Filtertüte bereits drin, die Zuckerstückchen lächeln einen an, die Kaffeetüte daneben.... ist fast leer. Neuen Kaffee besorgen dauert fast 20 Minuten, weil es viel zu schwatzen und herumzualbern gibt. Natürlich reißt die Tüte so auf, dass ein Teil Kaffeepulver durch die Gegend fliegt. Das vermengt sich dann auch gleich mit dem Wasser, dass ich beim Eingießen verschütte, weil das wieder so eine Kanne ist, wo alles daneben läuft, wenn man zu schnell kippt. Wasser läuft auch auf die einzeln verpackten Zuckerwürfel, die ich nun schnell abtrocknen muss. Die Maschine erweist sich auch als eher langsam. Alles in allem ist der Kaffee dann nach guten 45 Minuten endlich fertig. Leider können wir ihn nicht trinken, weil keine Kaffeebecher da sind (auch nix ähnlich Verwendbares). Nun noch 10 Minuten Becher besorgen und schon gibt es einen frisch gebrühten Kaffee! Seltsamer Weise habe ich nicht mal das Gefühl, die letzte Stunde könnte verschwendet gewesen sein. Eine Stunde Kaffee kochen Backstage in einer meinen Lieblingslocation mit lauter Lieblingsmenschen, mit der Aussicht auf einen tollen Abend, da hab ich schon ganz anders Zeit verschwendet.
Nun wieder durch die ganze Halle, meinem Mister den Kaffee bringen und gucken, ob ich ihm helfen kann. Aber hier ist fast alles schon fertig und wir können beim Soundcheck lauschen.
Neu dabei ist heute Lutz als Nachfolger von Steffen am Ton und Chris ist mal wieder als Backliner dabei. In der Halle klingt alles sehr gut, auf der Bühne haben mal wieder alle was an den Ohren, wodurch der Einlass sich etwas verzögert.
Die Halle füllt sich mäßig, wir hören von einigen, dass sie alleine gekommen sind, weil ihre sonstigen Begleiter krank sind oder wegen der Ansteckungsgefahr lieber nicht mitkommen wollten. Zum Glück gibt es aber noch genug Livemusik-Junkies und so sieht die Halle am Ende doch gut gefüllt aus. Mal wieder ein bisschen Platz zu haben und nicht immer den Atem des Hintermannes im Nacken zu spüren ist ja auch ganz nett. (Apropros Junkies: Wir haben uns sehr gefreut, die beiden Pothead-Junkies Susi und Olli mal wiedergesehen zu haben!) Die Stimmung ist ein wenig zurückhaltend aber glücklich. Es fühlt sich so nach homogener Masse an und so gibt es statt wildem Rumgepoge diesmal einheitliches Klatschen und Indianerchöre. Diese schöne entspannte Euphorie sorgt für eine ausgesprochen gutgelaunte Band und 2 Zugaben. Nach dem Konzert bleiben
noch viele eine Weile da, trinken noch ein Scheidebier und philosophieren ein wenig miteinander. Auch am Merchstand führen wir eine Menge Gespräche.
Backstage ist gut was los und die Stimmung super. Wir sind aber auch recht müde und Chris muss am Sonntag um 15.00 Uhr schon wieder von Potsdam aus zum nächsten Job fahren.
Also mahnen wir zum Aufbruch. Jeff ist auch dafür, nimmt sich aber erstmal noch ein Bier.
Es kommt jemand vom Markthallen-Team und bittet um baldigen Aufbruch. So langsam stehen alle auf und…. nehmen sich noch ein Bier. Erneut wird um Aufbruch gebeten – man kann sein Bier ja auch vorne austrinken. Dort sind noch ein paar Leute hinter der Bar und geben noch ein paar Drinks über die Theke… und noch ein paar… und noch ein paar…
Die Verabschiederei dauert am Ende mehr als eine Stunde aber irgendwann nach der 8. oder 9. Aufforderung schaffen wir es dann doch zu den Bussen. Gegen 3.00 Uhr liegen wir dann in den Betten, um 9.00 Uhr geht es wieder zum Bus.
Dummerweise findet in der Umgegend irgendein Rennen oder sowas statt, weswegen mehrere Straßen gesperrt sind – natürlich die, die wir befahren wollen, um aus Hamburg rauszukommen. Wir irren gut eine halbe Stunde hin und her, bis wir endlich zur Autobahn kommen. Das bisher noch fehlende Frühstück haben dabei alle aus den Augen verloren.
Ich bin Hobbit, ich muss alle 3 – 4 Stunden was essen, vor allem morgens. Aber auf Einzelschicksale wird in einem Bandbus keine Rücksicht genommen. Also maule ich so vor mich hin und esse das plattgedrückte Vanilleteil, was wir vor 24 Stunden bei Lidl gekauft haben.
Kurz vor Berlin geht es wieder langsamer voran. Wir müssen erst zum Studio, den kleinen Bus abstellen, dann zum Büro, die Kartons mit den Shirts und CDs etc. ausräumen. Dann geht es weiter Brad nach Hause fahren und dann zum Parkplatz vom Sprinter. Hier kann sich dann auch Chris endlich verabschieden und mit einer Verspätung von einer Stunde endlich nach Potsdam düsen. Nach dem Konzert ist vor dem Konzert.