Pothead in der Höhle (Balve Teil 1)

7.00 Uhr morgens, Abfahrt nach Balve. Unchristliche Zeit für einen Samstag, aber ich habe schon eine halbe Stunde rausgeschlagen, sprich: gebummelt. Das Wetter ist allerdings super, da macht auch die 3/4 Stunde Stau nicht wirklich was. Um 13.00 Uhr treffen wir im Quartier ein. Dank der fünf Minuten Fußweg zur Höhle können wir noch einen Moment chillen und sind trotzdem pünktlich zum Soundcheck da. Wir treffen noch vorm Eingang auf Brad. Mit glänzenden Augen erzählt er uns gleich von der tollen Atmosphäre und wir können es kaum erwarten reinzukommen.

Die Höhle ist kleiner als die Fotos erwarten ließen. In der noch leeren Höhle knallt und scheppert es einem ganz schön um die Ohren, aber das alles ändert nix an der wirklich coolen Atmosphäre und wenn das hier erst mal voll ist ...

Soundcheck beendet, das gibt Zeit noch ein bisschen Sonne zu genießen. Natur ist was schönes aber ich muss bereits die dritte Wespe aus dem Bier fischen. Oder ist es immer die selbe? Gibt es auch unter Wespen Alkoholiker?

Eben haben wir uns darüber unterhalten, dass Warten ein großen Teil des Musikerlebens ausmacht, da ist auch schon Einlass und die Leute strömen gleich an die Stände. Ehe ich bis zum Ende der Höhle gelangt bin, wo der Pothead-Stand steht, ist der auch schon voll umlagert und die ersten T-Shirts werden über die Theke gereicht. Noch schnell in den Backstagebereich ein Brötchen einwerfen, beim Joghurt fängt schon die erste Band an: Steam Ahead covern sich sehr anständig durch den 70er Jahre Rock. Na gut, da ist schon noch Zeit einen Blick auf die Hochzeitsfotos der Schützenbruderschaft zu werfen. Sorry, Sauerländer, aber die Welt des Schützenvereins erschließt sich einer Berlinerin nicht. Ich sitze inzwischen alleine hier und komme mir doch ein wenig blöd vor. Also los, ab ins Getümmel.

Die Stimmung bei der zweiten Band My Sleeping Karma ist weiterhin bestens. Es ist vorne sehr voll und vor allem wärmer. Hatte ich erwähnt, daß Höhlen tendenziell kalt sind? (Die großstädtischen Höhlen sind eher zu warm, und mehr kennt so ein ignoranter Großstädter halt nicht.) Wer also mal herkommt, sollte ein Jäckchen und Wollsocken anziehen, sonst gibt´s am nächsten Tag Schnupfen und/oder Rücken.

In der Umbaupause gönne ich mir noch schnell ein Bierchen und treffe Jeff und Nick, die sich auf ihren Gig vorbereiten. So kann ich sie gleich auf die grandiose Stimmung vorbereiten, die inzwischen in der Höhle herrscht. Als ich zurückgehe, um mir schon immer einen guten Platz zu sichern, habe ich für ein paar Sekunden tatsächlich so etwas wie Lampenfieber ...

Die Fotografiererei entpuppt sich als Aufgabe, da das Licht dafür nicht so wirklich optimal ist. Die Stimmung und das Konzert sind so gut, das es sehr schwierig ist, die Kamera ruhig zu halten. Bei 'Black War' ist es dann vorbei mit der Haltung, davon gibt´s keinen Film.

Mit der Setliste in der Hand überlege ich, ob ich zwischendurch ohnmächtig gewesen bin, jedenfalls habe ich 'Detroit' nicht gehört. Auch jetzt werden mal eben zwei Lieder ausgespart und es geht gleich zum letzten (Indian-)Song über. Die euphorischen 'Zugabe'-Rufe werden vom Moderator freundlich bedauernd aber bestimmt erstickt, es wird keine Zugabe geben. Nun lassen sich Höhlen nicht so leicht einreißen, also gehen lieber alle ein Bier trinken oder was essen.

Backstage gibt es inzwischen auch was Warmes: Medaillionschnitzel Tirol (trocken, hätte doch lieber die Putenschnitzel Budapest nehmen sollen), Kaisergemüse Hollandaise (lecker), gebratene Pellkartoffeln (auch gut). Ich treffe Brad, dessen Augen nun noch mehr leuchten, dazu kommt ein breites Grinsen von einem Ohr zum anderen. Keine Frage, hier hatte jemand so richtig Spass!

Beim Verlassen des Backstagebereichs bin ich Zeuge der ersten Ausfälle: eine blondierte Dame versucht vergeblich das Vorzelt elegant zu umschiffen und reist selbiges fast ein. Es ist Hilfe von drei Seiten nötig, um sie in die richtige Richtung zu manövrieren.

Inzwischen haben bereits Jane angefangen. Die Gastgeber dieses Festivals. Wer nicht im Pothead-T-Shirts rumläuft, hat ein 'Jane'- Shirt an. Entsprechend voll ist es nun wieder vor der Bühne und entsprechend gut ist die Stimmung. The Brew entern als letzte die Bühne und rocken das Teil noch mal so richtig. Bei uns stellen sich Ermüdungserscheinungen ein und Siggi gibt den Startschuss zum Einpacken.

P.S.: Im Backstagebereich hängt übrigens auch ein auch Bild mit dem Stadtwappen und den schönen Worten
Stadt Balve: Glaube Sitte Heimat ... Fehlt aber definitiv noch: Rock

Fotos: flickr.com