Konzert-Bericht aus Stralsund 2017

Sonntag, 14.5., 7.51 Uhr: Der frühe Vogel ist eine Taube, die ganz in der Nähe unseres Hotelzimmers vor sich hin gurrt. Also, vor-sich-hin-gurren trifft es nicht so ganz. Scheinbar pumpt sie sich eine knappe Minute lang auf um dann eine langes und lautes Gurren von sich zu geben

Das macht sie die nächste Stunde lang ganz regelmäßig. Ich überlege ob ich den Fernseher nach der Taube werfen sollte. Allerdings bin ich ein extrem schlechter Werfer und treffe so gut wie nie das eigentlich anvisierte Ziel. Mein Mister fängt an zu schnarchen. Gurren und Schnarchen ergeben mit ein bisschen verschlafener Phantasie einen Rhythmus. Ich verfalle in meditative Demut und spiele ein blödes Tiere-platzen-lassen-Spiel auf dem Handy. Immerhin habe ich ja 4 1/2 Stunden geschlafen. Erstaunlicher Weise habe ich keine Kopfschmerzen – und das nach vier Bier, zwei Cuba Libre und einer etwas unübersichtliche Anzahl von Sanddornlikören, Pfeffi und selbstgemachten Schokolikör. Bei der Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass es in der einen Ecke von dieser wunderbaren Stralsunder Kellerspelunke »Ben Gunn« eine besondere Erdanziehungskraft speziell für Sanddornliköre gibt. In der gar nicht so langen Zeit, die wir in dieser Ecke saßen, hat es ganze 5 Gläser nebst kompletten Inhalt umgehauen. Drei davon haben es nicht mal bis auf die Tischplatte geschafft, sie sind gleich vom Tablett geflogen. »Ich hol dann mal drei Neue« war der unaufgeregte Kommentar des Barmannes. So klärt man das hier im Nord-Osten.
Zu klären wäre an dieser Stelle auch die Frage: Warum fange ich die Geschichte von hinten an? Da ich selber zur Aufklärung dieser Frage nicht wirklich etwas beitragen kann, mache ich einen gewagten Schwenk zum Anfang:

Mein Mister muß arbeiten, so das wir diesmal erst kommen, als bereits alles aufgebaut ist. Alle sind sehr konzentriert und ungewöhnlich ... hm ... angespannt ist zu viel gesagt ... fokussiert trifft es vielleicht. Des Rätsels Lösung sind ein paar Neuerungen: Jürgen hat ein paar zusätzliche Lichtelemente mitgebracht und für den Bühnensound (also das, was die drei Potheads auf die Ohren bekommen) will Kai ein neues Mischpult ausprobieren. Pothead und das Team der Eisengiesserei arbeiten schon seit vielen Jahren miteinander, hier und beim Potstock. Man kennt sich gut, alles, was an Technik benötigt wird, ist da oder kann besorgt werden und jeder weiß was zu tun ist. Eine optimale Voraussetzung um neue Anschaffungen auszuprobieren. Wer an dieser Stelle mal kurz einen Blick in unser News-Archiv wirft (Stralsund 2016 + 2015), kann nun eine offensichtliche Tradition entdecken, an der auch das neue Mischpult nichts ändert: Die Herren haben es wieder mit den Ohren! Diesmal ist es Robert: »Ich höre Sachen, die gab es vorher gar nicht!« Wir gucken uns verwundert an und sind versucht ihm zu erklären, dass es schon immer »Bumm« gemacht hat, wenn er auf die Teile vor sich haut. Gut, dass es ihm endlich auffällt! Aber auch Brad ist überrascht. Jeff hat irgendein Problem, aber er muss erstmal damit leben ...??? Musiker halt – wer kennt sich da schon aus?!? Jedenfalls scheint das neue Pult eine spannende Sache zu sein und sogleich werden ein paar Songs aus der Setliste gestrichen. !?!?! Grade will ich mich darüber aufregen, da übergibt mein Mister unsere neue GoPro an Leppi, der damit auf die Leiter steigt. Diesen Moment muss ich natürlich fotografieren: Unsere kleine Kamera wird heute unter der Decke abhängen und das ganze Konzert aufnehmen! Mein Mister ist ganz aufgeregt, muss er doch nun sein Handy startklar machen und dann die Kamera damit steuern. – Ok. Ist grundsätzlich nicht so aufregend wie ein neues Mischpult, aber das müssen (und können) wir ja auch nicht bedienen. Ab diesem Zeitpunkt sind nun auch wir im wahrsten Sinne des Wortes fokussiert. An Leppi dann auch noch gleich ein dickes Dankeschön für das Engagement und die kleine GoPro-Schulung.

Das Konzert läuft sicher nicht fehlerfrei aber sehr gut und macht Spaß. Das Publikum ist im Vergleich zu den letzten Jahren etwas ruhiger aber deswegen nicht weniger begeistert. Backstage ist diesmal allerdings tote Hose. Alle rennen in der Gegend herum und gehen dann zeitig noch schnell ins Hotel, bevor wir uns im Ben Gunn treffen. Ich muss allerdings noch Robert hinterher rennen wegen einem Autogrammwunsch. Da dafür grade kein Drumstick mehr griffbereit ist, muss ich ihn ganz schön viel angurren, damit er noch einen sucht. Mit dieser Gurrerei wäre ich dann wieder am Anfang meiner Geschichte angelangt, die ja eigentlich das Ende war. Darauf einen Schokolikör – oder doch lieber einen Sanddornschnaps ... oder Pfeffi ...

... Mehr Bilder auf flickr.