Konzert-Bericht aus Stralsund 2016
Der Tag der vergessenen Dinge
Es hat soooo schön begonnen. ... Selbstständig, freiwillig und ausgeschlafen werde ich um kurz vor 8.00 Uhr wach. Mein Mister schnarcht noch. Ein bisschen Nase stupsen und im Ohr bohren und schon ist er bereit mit Lotte Gassi zu gehen und Brötchen mitzubringen. Nach einem gemütlichen Frühstück werden die Balkonpflanzen versorgt, ein bisschen in der Wohnung herumgeräumt, in Ruhe die Taschen gepackt. Unfassbar: Der kleine Hund hat eine eigene Tasche für Futter, Bürste, Spielzeug und eine Tasche zum Schlafen. Eine Tasche ist voll mit der Technik und dem Topfkopf-Kram und eine Tasche für unsere Klamotten. Macht also 4 Taschen für eine Übernachtung. Paris Hilton reist mit ähnlich viel Gepäck ...
Um 12.15 Uhr freue ich mich grade darüber, wie toll wir in der Zeit liegen. Noch schnell eine Klorunde, dann kann es losgehen – da klingelt das Handy ... im Display steht: ... Siggi ... Ahhhhhhhh, kreisch, da ist wieder was passiert, jemand hat sich in der Bustür geklemmt, beide Beine gebrochen, den Zeh zertrümmert, weil eine Kiste draufgehalten ist, irgendwas ist passiert ... »Hallooooo Siiiggggiiii....???.....« »Hallo! – Keine Angst, es ist nix Schlimmes!« – Ah, puh..! Der Blutdruck sinkt wieder. – »Brad hat seinen Anzug vergessen! Könnt ihr im Büro vorbeifahren?« Na klar, machen wir. Schließlich wollen wir Brad nicht in Unterhosen auf die Bühne schicken. ... Obwohl ... :-) ... Also, hektisches Rumgerenne, Taschen ins Auto schmeißen, Lotte schnell noch auswringen und dann ab in die Mitte Berlins zur besten Verkehrszeit – um 10 Minuten später aus dieser Mitte zur noch besseren Verkehrszeit wieder herauszufahren. Super ... macht Summasumarum 1 Stunde 15 mehr Fahrzeit. Auf der Fahrt über die Mecklenburgische Autobahn fällt uns ein, dass wir unsere Jacken vergessen haben.
17.00 Uhr, Eisengiesserei, ab jetzt copy-and-paste: Die Herren auf der Bühne haben wieder was mit den Ohren. (Hatten wir letztes Jahr schon) Diesmal knackt irgendwas, die Kabel werden geprüft ...
Wir haben Kuchen mitgebracht (wie im Januar im Huxleys) Da auch Robert da ist, darf er sich als erster darüber hermachen und uns zeigen, dass er mit seinen gebrochenen Händen immerhin schon wieder weichen Kuchen schneiden kann. Mit dem Schlagzeugspielen wird es aber noch eine Weile dauern. Der Kuchen hat auch heute keine Überlebenschance. Aus den Ecken schleichen sich ein paar Schokojunkies heran, die auch nach der kompletten Eliminierung des Kuchens noch weiter um Schokolade betteln.
Die Zeitplanung der Pothead-Crew ist auch nix Neues: Nach dem Konzert ab zum Ben Gunn und morgen wieder zu früh und zu hektisch mit Brausebirne nach Hause, weil einige Herren der Crew ja unbedingt am Herrentag arbeiten oder auf die Kinder aufpassen müssen. (Herrentag ist auch nicht mehr das, was es mal war...)
Nachdem das alles geklärt ist, gehen wir zu Siggi. Der Stand ist schon fast aufgebaut, Siggi schimpft: die Taschen und die Uhren fehlen! Da ist wohl ein Karton vergessen worden. Wir lehnen vorsichtshalber gleich mal ab, den Karton noch schnell aus dem Büro zu holen.
Die Knack-Suche auf der Bühne erweist sich als langwierig, weswegen sich auch der Einlass verzögert. Kurz nach 20.30 Uhr stecken wir die Lotte in ihre Box im Pothead-Bus. Sie kuschelt sich sofort ein und schläft schon als die Tür einrastet. Um 20.45 betreten die Herren Brad, Jeff und Bert die Bühne.
Die erste Reihe Publikum kommt mir sehr bekannt vor, die meisten habe ich letztes Jahr auch fotografiert. Leider haben sie andere Shirts an, copy-and-paste funktioniert hier also nicht. Die Stimmung ist auch wieder toll und zum Ende des Konzertes ist das vordere Drittel der Bühne wieder voller leerer Becher und versiffter Jacken/Pullis/Taschen. Brad klatscht ab, Jeff stößt mit allen an, Bert wird extra beklatscht. War wieder schön gewesen.
Backstage springt Brad sofort aus seinem Anzug und verstaut ihn ordnungsgemäß im Bus. Jeff allerdings vergisst das Umziehen komplett und wird später völlig overdressed in seinem schwarz-goldenen Bühnenoutfit ins Ben Gunn gehen. Vorher werden aber erst noch Bufet- und Kuchenreste weggefuttert, der Inhalt des Getränkekühlschrankes vernichtet, über Anwesende gelästert und tiefschürfende Gespräche über Tiere geführt, während Lotte den Fußboden nach Essensresten abgrast. Als ein einzelner Herr anfängt davon zu faseln, er wolle jetzt ins Licht gehen während Jürgen uns grade über die dunklen Sieten des Lebens belehrt, beschließen wir, dass es nun Zeit ist in tiefer gelegene Gefilde aufzubrechen. Ab in den Ben Gunn Keller! Sehr viele Sanddornliköre, Cuba Libres und Biere später löst sich die Gemeinde auf. Um 3.00 schleichen wir ins Hotelzimmer, wo unsere Potlotte bereits seit 2 Stunden von Hundekuchen träumt.
5. Mai, 9.34 Uhr:
Exakt eine Minute bevor wir das Hotelzimmer verlassen hätten, kackt Lotte eine riesige Wurst in einer dem Teppich sehr ähnlichen Farbe (etwa Schlammgrün). Wir machen sie natürlich weg - mit einer gewissen Befriedigung: Damit wären dann auch die 10 € Hotel-Hunde-Gebühren nicht unnütz ausgegeben worden.
Als die Zimmertür zufällt, überlege ich einen kurzen Moment lang, ob wir auch wirklich nichts vergessen haben. ...
Fotos: flickr.com